Persönliche Überforderung von Projektbeteiligten
Unternehmen, die regelmäßig und teils unter Druck Projekte bearbeiten, sollten vor allem bei der Anzahl der parallel zu bearbeitenden Projekten Maß halten. Sonst kann es passieren, dass der anfallende Arbeitsaufwand diejenigen, die die Projekte erfolgreich umsetzen müssen, überfordert. Eine dauerhafte Überlastung bzw. Überforderung gefährdet die Gesundheit der Projektbeteiligten. In leichten Fällen leidet die Motivation der Mitarbeiter, auch mit einem Rückgang der Arbeitsqualität ist zu rechnen. Je stärker ausgeprägt oder je länger eine Überforderung für die Projektbeteiligten anhält, desto stärker fallen die gesundheitlichen Gefahren für die Betroffenen aus. Vor allem ein zu hoher Stresspegel trägt dazu bei, dass eine dauerhafte Überforderung mit negativen Folgen für die Gesundheit verbunden ist. Besonders gefährdet ist der Projektleiter, die einzelnen Projektmitarbeiter und die Fachexperten, da sie alle für die erfolgreiche Umsetzung des Projekts verantwortlich sind.
Eine Studie konnte ermitteln, dass die häufigste Stressursache mit 46 Prozent der eigene Job ist, gefolgt von zu hohen Ansprüchen an die eigene Person mit 43 Prozent. Es gibt jedoch Unterschiede zwischen den Geschlechtern bezüglich der Stressauslöser. Bei Männern steht die Arbeit an erster Stelle. Eine ungenügende Anerkennung von Kollegen, ein konstanter Zeitdruck, ein massiv ausgeprägtes Konkurrenzverhalten, ein übertriebenes Karrierestreben oder ein geringer Handlungs- und Entscheidungsspielraum sorgen oft für Stress. Bei Frauen sind es vor allem die Doppelbelastung von Beruf und Familie, gefolgt von Diskussionen und Konflikten am Arbeitsplatz. In den letzten Jahren fühlen sich immer mehr Arbeitnehmer bei der Arbeit überfordert, sodass dies sogar zu Ängsten führen kann. Ist das Arbeitspensum ungerechtfertigt hoch, stellt sich die Überforderung ein und kann sowohl zu einer körperlichen als auch zu einer psychischen Überlastung führen.
Faktoren, die für eine Überforderung verantwortlich sein können
Es existieren diverse Faktoren, an denen Mitarbeiter erkennen können, dass sie bei ihrer Arbeit überfordert sind. Dies können Probleme im Unternehmen oder aber die Arbeitskultur sein. Eine zu starke Belastung im Job kann die folgenden Gründe haben:
Begleitende Arbeiten im Job
Begleitende Arbeiten im Job lenken von den eigentlich wichtigen Aktivitäten ab. Dazu gehören neben der Bürokratie auch die Suche nach Dokumenten und das Nachverfolgen des Arbeitsstatus. Solche Routineaufgaben nehmen viel Zeit in Anspruch und verhindern, dass sich die Menschen auf die wirklich wichtigen Aufgaben konzentrieren können. Untersuchungen zufolge verbringen Wissensarbeiter etwa 60 Prozent ihrer Arbeitszeit mit Routineaufgaben und können nur 40 Prozent ihrer Zeit in die Aufgaben investieren, die in ihrer Jobausschreibung stehen. Dadurch entsteht bei ihnen der subjektive Eindruck, länger arbeiten zu müssen, um das gesetzte Ziel zu erreichen.
Isoliertes Arbeiten
Auch isoliertes Arbeiten gilt als Stressfaktor und wirkt sich negativ auf die Gesundheit aus. Es ist für die Zusammenarbeit im Team erforderlich, dass allen Mitarbeitern klar ist, was sie zu tun haben und weshalb ihre Arbeit relevant ist. Sonst sind sie nicht in der Lage, ihre Arbeit effektiv zu erledigen. Um Doppelarbeiten und eine zu lange Suche nach den dafür notwendigen Informationen zu vermeiden, muss die Kommunikation transparent sein. Studien konnten ermitteln, dass ein Projektarbeiter etwa 13 Prozent der Arbeitszeit mit Arbeiten verbringt, die bereits abgeschlossen wurden. Pro Arbeitsjahr werden aktuell 246 Arbeitsstunden in Arbeiten investiert, die schon vorab erledigt wurden.
Die Arbeitsziele sind unklar
Für Projektbeteiligte ist es wichtig, das große Ganze zu verstehen. Um qualitativ hochwertige Arbeit abzuliefern, müssen sie erkennen, dass das eigene Unternehmen die erledigte Arbeit zu schätzen weiß. Sonst können Priorisierungsprobleme auftreten, die dann Stress auslösen. Wenn Mitarbeiter verstehen, wie ihre Arbeit Team- und Unternehmensinitiativen unterstützt, ist es für sie einfacher, mit veränderten Prioritäten und Terminen umzugehen. Anstatt nach Informationen zu suchen oder herauszufinden, wie sie ihre Aufgaben angesichts eines neuen Projekts oder eines geänderten Zeitplans neu priorisieren können, können sie ihre Aufgaben effektiv erledigen.
„Always-on“-Arbeitswelt ohne Pausen
Die „Always-on“-Arbeitswelt von heute setzt Mitarbeiter unter Druck, da sie glauben, für immer erreichbar sein zu müssen. Sie entwickeln das subjektive Empfinden, länger zu arbeiten, um die Erwartungen zu erfüllen. Ein Beispiel für eine anstehende Gefahr: Mitarbeiter beginnen bereits vor dem tatsächlichen Arbeitsbeginn, ihre E-Mails zu prüfen und stehen häufig auch am Wochenende für die Beantwortung von arbeitsrelevanten Fragen zur Verfügung. Diese Verhaltensweisen sind mittlerweile bei der Arbeit zum Standard geworden, aber sie tragen wesentlich zur Überlastung bei, der teils massive Folgen für die körperliche und geistige Gesundheit haben kann.
Diverse Studien zeigen, dass die Arbeit heutzutage in vielen Fällen intensiver und härter geworden ist. Gleichzeitig wurde auch festgestellt, dass viele Menschen ihren Job – selbst, wenn sich ihr Arbeitsumfeld nicht verändert hat – eher als belastend empfinden.
Auswirkungen von Stress auf die körperliche Gesundheit
Grundsätzlich werden zwei Formen des Stresses unterschieden – der akute Stress und der Dauerstress. Beim akuten Stress handelt es sich um eine kurzzeitige Belastung von wenigen Sekunden bis zu maximal 60 Minuten. Akuter Stress aktiviert durch die Ausschüttung verschiedener Hormone und Botenstoffe das sympathische Nervensystem. In der Folge schlägt das Herz schneller, der Atem beschleunigt sich und die Muskeln spannen sich an. Auch der Puls, der Blutdruck und der Blutzuckerspiegel steigen. Gleichzeitig weiten sich die Bronchien und das Immunsystem wird aktiviert.
Gefährlich für die Gesundheit ist der Dauerstress – auch als negativer Stress bzw. chronischer Stress bezeichnet. Hierbei handelt es sich nicht um eine kurze Episode, sondern um eine anhaltende Stresssituation. Zwar kommt es durch die ausgeschütteten Hormone zu einem erhöhten Energieverbrauch, doch sie bringen das Immunsystem aus dem Takt. Zwar bleibt es in ständiger Alarmbereitschaft, es arbeitet aber fehlerhaft. Dadurch kommt es zu vermehrten Infektionen und einer verschlechterten Wundheilung. Dauerstress führt zudem zu Magen-Darm-Problemen. Klassische Beispiele sind der Reizdarm oder das Magengeschwür.
Die Hormone, die unter Dauerstress ausgeschüttet werden, sorgen zudem für eine Dauerbelastung des Herz-Kreislauf-Systems. In der Folge steigt der Blutdruck und die Blutgefäße werden anfälliger für schleichende Entzündungen. Solche Entzündungen erhöhen das Risiko, eine Gefäßverkalkung – in der Fachsprache Arteriosklerose – zu entwickeln. Durch Ablagerungen an den Gefäßwänden verengen sich die Gefäße und behindern den Blutfluss. Dauerstress gilt in der modernen Medizin – neben dem Rauchen und erhöhten Cholesterinwerten – als eine der Hauptursachen für einen Herzinfarkt. Auch Diabetes, Schmerzen, Übergewicht oder Ohrgeräusche (Tinnitus) können Begleiterscheinungen sein.
Auswirkungen von Stress auf die psychische Gesundheit
Menschen, die dauerhaft gestresst sind, reagieren oftmals sehr emotional und reizbar selbst auf kleine, unwichtig erscheinende Ereignisse. Klare Hinweise auf zu viel Stress im Alltag sind eine dauerhafte Erschöpfung trotz ausreichend Schlaf, ein Nachlassen der geistigen Leistungsfähigkeit oder das Auftreten von Konzentrationsschwierigkeiten. Auch Lustlosigkeit, oft verbunden mit einem Interessensverlust, der Aufgabe von Hobbys sowie einer allgemeinen Traurigkeit und Niedergeschlagenheit können auftreten. In extremen Fällen kann es zu Depressionen kommen.
Selbst schwerwiegende psychische Erkrankungen können die Folge von Stress und Überlastung im Job sein. Als klassisches Beispiel ist das Burnout-Syndrom zu nennen, das in der Regel als Folge dauerhafter beruflicher Überforderung auftritt. Es äußert sich in einer extremen (emotionalen) Erschöpfung, fehlender Energie und konstanter Müdigkeit. Außerdem kommt es zu einer Entfremdung von der eigenen Arbeit, da der Erkrankte seine Arbeit als frustrierend wahrnimmt. Parallel kommt es zu einer verringerten Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit.
Eine weitere Gefahr liegt im Griff zu Suchtmitteln wie Alkohol, Medikamenten oder anderen Drogen, die längerfristig abhängig machen. Viele Betroffene versuchen beispielsweise durch die Einnahme von Kokain oder Amphetaminen ihre Leistungsfähigkeit zu steigern und ihre Motivation zu stimulieren. Andere greifen auf gefährliche Substanzen zurück, um sich besser entspannen zu können oder den Schlaf zu fördern. Sie können jedoch nur die Symptome, nicht aber die Ursache bekämpfen. Die Abhängigkeit führt außerdem zu einer weiteren Belastung für Körper und Geist.
Maßnahmen der Reduktion des beruflichen „Mental Load“
Der sogenannte „Mental Load“ (geistige Belastung) im Berufsleben zeigt sich – Studien zufolge – in mehreren Faktoren. So geben 24 Prozent der Befragten an, dass sie finanzielle Aspekte als belastend empfinden. Für 21 Prozent war die Arbeitslast in ihrem Job stark belastend, 18 Prozent störten, dass von ihnen eine ständige Erreichbarkeit gefordert wurde. Neben ihren eigentlichen Arbeitsinhalten mussten sie zahlreiche organisatorische Aufgaben übernehmen, die weit über die in ihrem Jobprofil genannten hinausgingen.
Im Projektmanagement sind dies nicht nur die Bearbeitung eines Projekts, sondern die gleichzeitige Bearbeitung mehrerer Projekte. Neben begleitenden Koordinationsarbeiten mussten Betroffene auch die Teamkommunikation aller Projekte über verschiedene Kanäle organisieren und Meetings vor- und nachbereiten. Darüber hinaus waren sie für die regelmäßige Pflege der Netzwerke und Arbeitsbeziehungen zuständig und waren verpflichtet, ihr Wissen auf dem aktuellen Stand zu halten. Aus Untersuchungen geht hervor, dass die Arbeitslast mit der zunehmenden Digitalisierung steigt.
Die Mehrbelastung ist verantwortlich für die Entwicklung von chronischem Stress. Die körperlichen und geistigen Auswirkungen umfassen die bereits skizzierten Belastungen für die Gesundheit und sollten daher nie aus dem Auge verloren werden. Betroffene sollten frühzeitig eine gesunde Work-Life-Balance anstreben, indem sie die folgenden Grundsätze an ihrem Arbeitsplatz umsetzen:
- Priorisieren und delegieren: Um die eigene Gesundheit durch Überbelastung nicht zu gefährden, ist es ratsam, die anstehenden Aufgaben zu kategorisieren und nur die wichtigsten selbst zu bearbeiten. Die anderen Aufgaben können delegiert werden.
- Effektives Zeitmanagement nutzen: Ein effektives Zeitmanagement ist wichtig, um den eigenen Arbeitsalltag besser zu organisieren. Dabei sollten Aufgaben geplant, Prioritäten gesetzt und mögliche Ablenkungen minimiert werden.
- Pausen für mehr Selbstfürsorge im Job: Regelmäßige Pausen helfen zuverlässig, Stress Die Pausen brauchen nicht lang zu sein, sollten aber in regelmäßigen Abständen in den Arbeitsalltag integriert werden, um aufzutanken.
- Das direkte Umfeld einweihen: Eine offene Kommunikation mit Vorgesetzten und anderen Mitarbeitern sollte sicherstellen, dass alle wissen, dass eine Überforderung vorliegt. So wird es möglich, die Verantwortlichkeiten gerechter zu verteilen.
Um den „Mental Load“ ins Gleichgewicht zu bringen, sollten die Betroffenen auf ihren Körper hören. Sie sollten reflektieren, was gut für sie ist, was sie belastet und was sie bei der Entspannung unterstützt. Neben einer offenen und ehrlichen Kommunikation mit dem Umfeld gehört auch dazu, sich persönliche Grenzen zu setzen und immer mal wieder „nein“ sagen bzw. eine neue zugeteilte Aufgabe abzulehnen. Gegebenenfalls sollten Betroffene die Kollegen um Hilfe bitten.